So ungefähr mit 13 oder 14 begann ich mit ersten vorsichtigen Versuchen, meinen Dominoprojekten ein Thema oder eine Botschaft zu geben. Das waren allerdings, wie gesagt, nur die ersten Gehversuche, und man konnte noch nicht besonders viel erkennen, wenn man nicht wusste, was ich hatte ausdrücken wollen...
Etwa ab 2008 wurden die Resultate langsam akzeptabel bis vorzeigbar. "Weiße Taube" (um welches Thema ging es da wohl?) war eines meiner ersten Videos auf YouTube und ich war damals wirklich stolz darauf; mittlerweile musste ich es nicht nur wegen der urheberrechtlich geschützten Hintergrundmusik von YouTube löschen, sondern sehe es auch nicht mehr ganz so begeistert, auch wenn ich es immer noch mag, und so ging es mir in vielen Fällen - heute denke ich oft über Videos, mit denen ich seinerzeit sehr zufrieden war: Oh Gott, sieht das albern aus, und das wäre doch problemlos besser möglich gewesen. Aber das ist im Grunde ein gutes Zeichen, denn wenn ich meine früheren Projekte heute nicht mehr besonders gut finde, zeigt das schließlich, dass ich mich seitdem weiterentwickelt habe.
Die Projekte, die ich hier vorstelle, sind deshalb auch nicht alle Themenprojekte, die ich gemacht habe, sondern nur die, die ich erstens nicht löschen musste (ich hatte in mehreren Fällen geschützte Musik verwendet), und die ich zweitens immer noch halbwegs gelungen finde.
Sie sind chronologisch geordnet, ganz oben steht das neueste und ganz unten das älteste.
Krabat
Mein aktuelles Langzeitprojekt (und zwar wirklich Langzeit) dreht sich um "Krabat", die alte sorbische Sage, die durch Otfried Preußlers Adaption deutschlandweit bekannt wurde.
Ich liebe Preußlers Buch und habe es ungefähr vor acht Jahren zum ersten Mal gelesen, und seitdem immer wieder, denn es fallen einem immer wieder neue Facetten auf.
Im Sommer 2010 bin ich auf eine großartige musikalische Umsetzung der Krabatsage gestoßen (hier ein Lied aus dem Album) und habe das Buch danach zum ersten Mal seit zwei, drei Jahren wieder gelesen. Schon verlor ich mich wieder völlig in seiner Faszination, und mit der Zeit kam es zu der Idee, mich der Sage selbst mit Dominos zu widmen.

"Krabat" ist dazu auch deshalb gut geeignet, weil die Sage an sich und Preußlers Umsetzung im Besonderen viele Symbole enthält. Und wenn man ausschließlich mit kleinen bunten Plastikblöcken etwas ausdrücken will (ich verwende in meinen Projekten schließlich kaum Requisiten), läuft das Ganze immer auf Symbole hinaus. Trotzdem ist es eine enorme Herausforderung für mich, mit meinen (vergleichsweise) extrem begrenzten Mitteln und praktisch komplett solo eine respektable Umsetzung auf die Beine zu stellen, ohne dass es unfreiwillig komisch oder allzu oberflächlich wird.
Ich arbeite seit Sommer 2010 immer mal wieder sporadisch an dem Projekt, es wird mit Abstand mein größtes sein.
Diese lange Arbeitszeit hat diverse Gründe: 1.) Es ist verdammt viel Arbeit. 2.) Ich bin "nebenbei" Student. 3.) Noch dazu ist "Krabat", wie gesagt eher eine Art Lückenfüller bei mir - ich arbeite dann daran weiter, wenn es grade gut passt und nichts anderes unmittelbar ansteht. 4.) Es ist längst nicht so, dass ich einen fertigen Stapel mit Projektplänen hätte, die ich nur noch bauen müsste; die Pläne entstehen quasi mit dem Projekt, und wenn ich also zwischenzeitlich keine weiteren Ideen habe, kann ich auch schlecht weiterbauen. 5.) Ich bin manchmal ziemlich faul.
Mein Wunschdatum zur Fertigstellung und Veröffentlichung ist der 20. Oktober 2013. Das wäre Otfried Preußlers 90. Geburtstag gewesen - die Nachricht von seinem Tod einige Monate vorher hat mich natürlich sehr traurig gemacht.
Bisher enthält das Projekt 54 500 Steine in 17 Projekten; tatsächlich aufgebaut habe ich wegen mehrerer Pannen und einem sehr großen Projekt, das komplett schiefging, allerdings schon 89 500.
Den Krabat-Film von 2008 übrigens kann ich absolut nicht empfehlen. Wer ihn noch nicht gesehen hat: Ist besser so! Er ist kitschig, oberflächlich, teilweise fehlbesetzt (die Kantorka... *schauder*); und bei manchen Einfällen des Regisseurs bleibt einem die Spucke weg, wenn man das Buch halbwegs erfasst hat.
Dafür gibt es zwei umso gelungenere alte Versionen, die kaum jemand kennt: Beide aus den Siebzigern und der DDR, ein Spielfilm, ein Zeichentrickfilm. Auch großartig ist das erwähnte Album, das mich inspiriert hat: "Zaubererbruder" von ASP, hier bestellbar.
Auch Jurij Brezans Version "Die schwarze Mühle" (zwei Jahre vor Preußlers Roman veröffentlicht) ist zu empfehlen, allerdings wohl vor allem für Krabat-Fans wie mich.
This star won't go out
Dieses Projekt ist aus dem Wunsch entstanden, mit einem Dominoprojekt irgendwie auch mal zum Reduzieren des world suck beizutragen, wie der Nerdfighter sagt. Dazu passend blieb ich auch bei einem Nerdfighter-Projekt: This Star Won't Go Out ist eine Organisation, die die Familie der Nerdfighterin Esther Earl nach ihrem Tod im Alter von 16 Jahren gegründet hat. Sie unterstützt Familien, die mit demselben Schicksal wie die Earls zu kämpfen haben, nämlich Krebs im Kindesalter.

Der Name Esther bedeutet "Stern", daher der Name der Organisation und daher das nebenstehende Dominoprojekt. Der andere und größere Teil des Videos war aber ein Portrait von Esther, mit 5626 Steinen sogar mein Feldrekord.
Das Portrait wurde, natürlich, anhand eines Fotos von Esther geplant. Um sicherzugehen, dass ich dafür die Rechte habe, kontaktierte ich Esthers Mutter Lori Earl, die nicht nur einverstanden war, sondern später auch sehr angetan vom fertigen Video:
Lori ist wiederum mit John Green bekannt, einer Hälfte der vlogbrothers, also dem Zentrum der Nerdfighter-Kultur. Sie schickte ihm das Video und ich war nicht wenig verdutzt, als er es selbst auch so schön fand, dass er es auf Facebook teilte und damit einige Tausend Nerdfighter zum Video schickte. Dadurch habe ich zu diesem Video so viele und so warmherzige Kommentare bekommen wie bei keinem anderen.

Ein paar Monate später nahmen meine Schwester und ich dann die seltene Gelegenheit wahr, John mal live und in Farbe zu treffen, bei einer Lesung in Hamburg. John erinnerte sich tatsächlich an das Video und signierte mir einen Dominostein, mit dem ich seitdem meine Projekte anstoße.
Der Punkt, wie das Ganze denn jetzt world suck reduziert, ist der, dass die Stiftung Armbänder verkauft, deren Erlös eben den Familien zugute kommt. Ich habe zwar mit dem Video nur eine Handvoll Armbänder dazukommen lassen können, aber besser als nichts :-) Hier gibts die schönen Teile: http://dftba.com/artist/58/This-Star-Wont-Go-Out
Die Stiftung hat insgesamt bisher mehr als 100 000 Dollar eingenommen.
Desillusion
Ich hätte lange nie im Leben für möglich gehalten, mal etwas auf dem Klavier hinzubekommen, was man ein einigermaßen präsentables Stück nennen könnte oder überhaupt etwas Eigenes, nicht mal etwas Schlechtes.^^ Anfang 2012 klappte das dann irgendwann eher unverhofft. Manchmal kann ich auf dem Klavier improvisieren - normalerweise kriege ich auch das eher schlecht als recht hin, aber an manchen Tagen hat man da einfach ein kreatives Hoch, und diesmal kam dabei dann plötzlich tatsächlich ein Thema zustande, bei dem ich dachte: Oha, das könnte ernsthaft was draus werden.
Das ganze Geheimnis war wohl der unübliche Takt (7/8), in dem eben jede Melodie ungewohnter und neuer klingt als im 4/4...
Ein paar Wochen später hatte ich also ein Klavierstückchen fertig und mittlerweile auch das passende Dominovideo.
Insgesamt soll man die Interpretation dem Zuhörer / Zuschauer / Leser, was auch immer, überlassen, aber ich gebe trotzdem ganz gerne dazu, was ich mir denn so gedacht habe. Bitteschön:
- Insgesamt drückt das Stück, jedenfalls in meinen Ohren und in meiner Absicht, ein Gefühl von zerfallenden Hoffnungen aus oder eine enttäuschende Erkenntnis, gegen die man sich nicht mehr stemmen kann oder will. Es ist ein sehr monotones Gefühl von Gelähmtheit und Hilflosigkeit, aber in gewisser Weise auch Zurruhekommen. Insgesamt aber, anders als bei den meisten Videos von mir, tatsächlich in allererster Linie pessimistisch / depressiv.
Was eignet sich zum Darstellen zerbrechender Träume besser als einstürzende Dominobauten? Neben der Deutung "eine kleine Ursache kann große Wirkungen haben / eine Kette von Ereignissen hervorrufen" ist unaufhaltsamer Zerfall ja quasi die andere philosophische Implikation, die in fallenden Dominosteinen oft gesehen wird. Die Zeitlupe hat natürlich erstens den Vorteil, dass sie länger dauert und ich mich also nicht um Kopf und Kragen bauen musste, um drei Minuten füllen zu können, und zweitens haben Zeitlupenbilder immer etwas Faszinierendes. Ihre Wirkung schien mir hier wie die Faust aufs Auge zu passen, deshalb wurde also aus dem Klavierstück und der ursprünglich unabhängigen Idee, mal ein paar Dominotechniken in Zeitlupe aufzunehmen, ein Video. :-)
- Das Monotone und vor allem das Passive an diesem Gefühl wollte ich hervorheben. Deshalb gibt es keine Kamerabewegungen, was sich bei manchen Falldowns angeboten hätte, und auch nicht die geringste Ergänzung zu den Dominobildern, keine anderen Motive oder auch nur einen eingeblendeten Titel, nicht mal irgendein Motiv mit den Dominos selbst, sie zeigen ja alle nur gleichförmige Farben (auch wenn natürlich auch Kontraste eine Rolle spielen). Es soll einfach so bewegungslos, so gleichförmig und so fesselnd wie möglich sein. Obwohl das Ganze sehr langsam abläuft, ist es unaufhaltsam.
- Die Pause am Anfang, also das für einige Sekunden nur schwarze Bild mit nur ganz minimalen Andeutungen (wurden die bemerkt...?), hielt ich für nötig, damit man als Zuschauer erst mal "runterkommt", alles andere kam mir zu plötzlich vor.
- Ich habe versucht, den Schnitt an die Struktur des Stücks anzupassen. Nicht nur, dass zum Beispiel bei etwa 1:55 das Bild ebenso ausblendet wie die Musik, sondern auch die Reihenfolge der Ausschnitte; beispielsweise steht der darauffolgende Part, bei dem die bisherige unablässige Tonfolge durch einen anderen Rhythmus ergänzt wird, für mich für eine gewisse Relativierung der bis dahin gnadenlosen dunklen Atmosphäre und Botschaft der Musik, weshalb ich die Zeitlupenaufnahme, in der nicht unbedingt etwas in sich zusammenfällt, sondern man mal einen Farbwechsel vom Dunklen zum Hellen sieht statt umgekehrt, an diese Stelle gepackt habe.
Ein YouTuber hat die Musik in diesem schönen Video verwendet, was mich sehr gefreut hat. Auch eine andere Videomacherin hat mir schon angekündigt, den Song in einem Kurzfilm zu benutzen, den sie auch zu Festivals einreichen wird. :-)
Es ist OK (Gedankengänge #2)
Nach dem "Adynamia"-Video (siehe unten) war dieses das zweite in diesem Stil, das also von einem konkreten (oder zumindest gleich offensichtlichen) Thema entkoppelt war, und es war für mich selbst interessant, wie sich dieses entwickelt hat.
Die Grundidee für das Video war nämlich eigentlich eine völlig andere. Das heißt, das Dominoprojekt war dasselbe; per Farbwechslereffekt wollte ich einem Herz sozusagen Risse zufügen, während die Steine fallen. Ein zerbrechendes Herz - das klingt nicht gerade nach einem positiven Symbol und war anfangs auch nicht so gedacht.
Ich war geprägt davon, dass ich gerade Vlogs über Depressionen und Sozialängste gedreht hatte und mich dementsprechend eingehend mit den Themen beschäftigt hatte. Ein zentrales Gefühl dabei ist, dass wir Menschen, was niemand bestreiten wird, häufig nach außen völlig verdecken, wie es ins uns aussieht. Dieses Gefühl sollte das Video mit dem Herz ursprünglich einfangen.
Neben dem Dominoprojekt wollte ich das erst so ausdrücken, dass ich einen Satz wie zum Beispiel "ES IST OK" in großen Buchstaben auf Papier schreibe - großen Buchstaben, die wiederum aus kleinen bestehen. Einige von diesen kleinen Buchstaben sollten dann einen Satz ergeben, der beschreibt, was hinter den großgeschriebenen Worten in Wirklichkeit steckt - wie oft meint man eigentlich "Ich brauche dich", wenn man zu jemandem sagt: "Es ist OK"? Wenn ich diese kleinen Buchstaben zuerst hinschreibe und dann die restlichen drumherum fülle, bis am Ende der größere Satz erscheint, kann ich das Video davon nachher umdrehen, sodass die Buchstaben nach und nach verschwinden, bis sich die "verborgene" Bedeutung eines Satzes herauskristallisiert - so meine Vorstellung.
Als ich das Ganze versuchte, in die Tat umzusetzen, klappte es nicht so richtig... und nur dadurch bekam das Video am Ende einen ganz anderen Anstrich. Es stellte sich heraus, dass ich die kleineren Buchstaben sehr klein machen müsste, damit die größeren am Ende gut als Buchstaben zu erkennen sein würden - dann wären sie aber selbst zu klein, um noch gut lesbar zu sein. Das war also schlecht machbar, und ich saß da und suchte nach anderen Ideen. Und dabei ging das Ganze irgendwann in eine ganz andere Richtung, weil ich mich irgendwann auf diesen Satz "Es ist OK" verschoss.

Fast jeder wird dieses Gefühl von "strugglen" kennen (auch wenn es vornehmlich Hip-Hopper unter diesem Namen kennen dürften) - diesen Lernprozess, den man als Jugendlicher oder auch noch als Erwachsener durchläuft. Jeder muss mit Widerständen, mit Schicksalsschlägen klarkommen; man wird verlassen, betrogen, verraten und hängengelassen - wer sieht sich nicht in dieser Rolle? Jeder muss in gewisser Weise kämpfen, mit Rückschlägen klarkommen und Dinge lernen auszuhalten. Die Situationen und auch die Art, wie Menschen damit umgehen, sind dabei natürlich völlig verschieden, trotzdem halte ich es für ein universelles Gefühl.
Und mein eigener Umgang wird gut in dem Satz aus Herbert Grönemeyers "Mensch" beschrieben, den ebenfalls fast jeder kennen dürfte: "Es ist OK - es tut gleichmäßig weh." Mehr noch als dieser Song, den ich aber auch sehr mag, hat mich Tuas Version angeregt, die den großen Satz erhält: "Ich geh meinen Weg, auch wenn die Uhr sich gegen mich dreht" - eine, wie ich finde, viele bessere Metapher dafür, sich unter widrigen Umständen treu zu bleiben, als die vielbemühten vom "gegen den Strom schwimmen" oder "durch den Regen laufen".
Dieses stoische Denken ist jedenfalls eine Überzeugung von mir bzw. etwas, was ich mir angeeignet habe und weiter lernen möchte.
Und dieses Gefühl ist doch etwas ganz anderes als der Ansatz, den ich zuerst hatte, dieses zerbrochene Herz aus Dominos sozusagen selbst zu deuten. Es stand nicht mehr für Verzweiflung, für eine irreparable Verletzung, sondern es ist eher so, dass es zwar die Risse hat - aber, wie man sieht, trotzdem zusammenhält, denn die Form bleibt ja erhalten, man sieht das Herz ja immer noch als Herz und nicht als verstreute Scherben. Insofern passt dieses Sichtweise sogar besser auf das Dominoprojekt, das ich gebaut hatte.
Das Nicht-Domino-Projekt dazu wurde ganz ähnlich dem, das zuerst geplant war: Ich schrieb das Papier mit Stichworten und Sätzen voll, die mir als Bestandteile einfielen, die dieses Gefühl formen - Wörter wie "falsche Freunde", "irgendwie weitermachen", auch positive wie "Gänsehaut" oder auch weitere Songzitate aus Liedern, die mich begleitet hatten, wie "Pourquoi, pourqoui, même quand les gens s'aiment, il y a, il y a toujours des problèmes" (Manu Chao - La vie à 2).
Ursprünglich hatte ich das Herz übrigens als Spirale gebaut - diese furchtbar aufwändige Arbeit hatte ich dann aber wieder ruiniert, als es schon fertig war und ich noch etwas ausbessern wollte... hier der Zeitraffer vom Aufbau. (Das Video ist ungelistet und findet sich hier quasi als Bonus dafür, dass du dir echt diesen ganzen Kram durchliest...)
Ich halte dieses Video für mein bisher bestes - was genauer gesagt heißt: das einzige, mit dem ich heute noch zufrieden bin. Es ist zwar keine 100 Sekunden lang, aber es steckt viel Arbeit darin und ich habe es endlich mal geschafft, ein Video bildlich ziemlich genau so umzusetzen, wie ich es wollte.
Adynamia (Gedankengänge #1)
"Adynamia" war ein dermaßen fieberwahnartiges Machwerk, dass es quasi zum Synonym für meine Psychopathenseite geworden ist, die in der Community von Dominobauern auf YouTube, was ein sehr lockeres Völkchen ist, einen brutalen Kontrast darstellt, der schon etwas Komisches hat.
Ich vermeide es, mir das Video selbst heute noch anzuschauen; nicht weil ich es wirklich für schlecht halte, sondern weil es nun mal richtig persönlich ist und vor allem, weil ich diese richtig persönlichen Dinge in dem Video selbst spreche und es höchst unangenehm finde, mich selbst so was sagen zu hören wie hier.
Was die Dominos angeht, hat das Video aber durchaus seine Bedeutung. Da ich zuhause nur begrenzt Platz habe, um große Felder zu bauen (und auch begrenzte Steinevorräte), habe ich mir aus der Not eine Tugend gemacht und diese Methode in die Dominowelt eingeführt, viele kleine Teile eines Feldes möglichst senkrecht von oben zu filmen und danach am PC zu einem riesigen Feld zusammenzusetzen. Dieses allererste "Puzzlefeld", wie ich es nenne, enthielt am Ende 36 000 Dominos.
Und wenn ich auch den Rest des Videos schon hart an der Grenze zum Fremdschämen finde (nicht inhaltlich, sondern von der Form und Aufmachung her), bin ich auf das Dominoprojekt immer noch recht stolz und war damals sehr zufrieden mit dem Effekt, der sich ergab und bei dieser Thematik auch gut passte. Die Rückmeldung unter Dominobauern war dann auch höchst positiv, trotz des abschreckenden Inhalts. Der Kollege jojodrummer96 erklärte das Video auf seiner Homepage zum aus seiner Sicht besten Dominovideo des Jahres, was natürlich nur eine Einzelmeinung ist, mich aber trotzdem sehr gefreut hat.
Wer an dieser Stelle "Adynamia" nicht längst gegooglet hat, den bereichere dann jetzt ich um ein Fremdwort. Adynamia ist - grob - der medizinische Begriff für ein Syndrom, das der Volksmund als Frühjahrsmüdigkeit kennt: eine heftige Antriebslosigkeit ohne direkte Ursache, eine innere Ermüdung, einfach ein furchtbar schlapper und depressiver Zustand, aus dem man selbst nicht schlau wird.
Von dieser Erscheinung bin ich, inbesondere eben im Frühjahr, öfter mal betroffen - und dieses Video war tatsächlich meine Art, mir dabei selbst zu helfen, das Ganze zu verarbeiten.
Ich denke fast sentimental an die Entstehung dieses Videos zurück, denn das Projekt war das erste, das ich in "Nachtschichten" gebaut habe: auf meinem Dachboden, in Livestreams von 11 Uhr abends bis 1 oder 2 Uhr morgens. Dabei haben damals noch nicht viele Dominobauer zugeschaut, heute habe ich bei Livestreams meistens etwa ein Dutzend Zuschauer, damals waren drei oder vier die Regel, und zwar häufig dieselben "Stammgäste". Und das in Sommernächten auf diesem gemütlichen Dachboden - auf irgendeine Weise war das eine tolle Atmosphäre.
Leider sind diese Nachtschichten nicht mehr möglich, weil es meinen Schwestern auf Dauer zu störend wurde, ständig leise Geräusche von oben zu hören.
Der Titel Adynamia stammt übrigens vom gleichnamigen Song von Maeckes, der mir damals sowas von aus der Seele sprach und für mich auch weiterhin ein sehr wichtiges Lied bleibt.
Advent
Die Adventszeit und Weihnachten ist für mich die schönste Zeit des Jahres, ich freue mich schon lange vorher darauf, weil es mich automatisch in eine besondere Stimmung versetzt. Und ich HASSE es, wie manche (viele...) Leute das missverstehen und verunstalten.
Das wollte ich in einem Dominovideo zum Ausdruck bringen, auch wenn ich anfangs eigentlich skeptisch war, dass das möglich wäre; denn ich kannte mittlerweile die Schwierigkeit gut, mithilfe von Kinderspielzeug und fast ohne Worte einen ernsthaften Appell rüberzubringen, ohne etwas unfreiwillig Komisches zu produzieren. Mit der Idee, die mir dazu kam, und dem Ergebnis bin ich aber ziemlich zufrieden. Bitteschön:
Obwohl es nur drei Clips sind, steckt in diesem Video furchtbar viel Arbeit, sogar im Vergleich zu den anderen Themenprojekten auf dieser Seite. Aber ich hatte es dramatisch unterschätzt, wie lange es dauern würde, die ganzen Steine anzumalen (nachdem ich erstmal drei oder vier Methoden dazu ausprobiert hatte, bis sich Plakafarbe als am wenigsten schlechte Lösung herausstellte), denn das war natürlich nötig für diese Farbwechseleffekte.
Als ich im November 2009 mit dem Video begann, hatte ich gedacht, mehr als genug Zeit zu haben - fertig wurde ich dann ein paar Stunden vor Heiligabend.
20 Jahre Mauerfall
Als im November 2009 der zwanzigste Jahrestag des Mauerfalls gefeiert wurde, lag es für mich so erdrückend auf der Hand, ein Dominoprojekt dazu zu machen, dass mir gar nichts anderes übrig blieb. Schließlich war es ursprünglich insbesondere ein ähnliches Projekt gewesen, das mich beim Domino Day 1999 fasziniert hatte und mich damit letztendlich zum Dominobauen gebracht hatte (das Allererste, was ich zu bauen versuchte, waren solche Stapelungen wie die in der Dominomauer). Außerdem wurden auch in Berlin, beim zentralen Festakt, Dominos als Symbol gebraucht für die friedliche Revolution, und drittens hielt ich es einfach für einen großartigen Feiertag.
Mein Ergebnis hatte dann den Schönheitsfehler, dass die Mauer bei mir gar nicht einstürzte, auch wenn ich das im Video natürlich kaschiere.
"Mach dein X"
Im Sommer 2009 veranstaltete die Bundesregierung einen Videowettbewerb auf YouTube, und ich gewann den zweiten Platz mit diesem Projekt.
Soweit die Kurzform. Jetzt die lange Geschichte: "Mach dein X" war eine Werbekampagne zur Bundestagswahl 2009, mit der die Bundesregierung der "Politikverdrossenheit" vor allem unter jungen Leuten entgegenwirken wollten; ein Teil waren Werbespots, unter anderem mit dem heute auf YouTube berühmten, damals aber noch fast unbekannten Beatboxer Alberto. Zum anderen wurde eben dieser Videowettbewerb ins Leben gerufen. Die Vorgaben: In einem höchstens 60 Sekunden langen Video sollte auf möglichst kreative und originelle Weise ein "X" wie das Kreuz auf einem Wahlzettel entstehen, verbunden mit dem Aufruf, am 27. September wählen zu gehen. Neuartige, im Trend liegende Hobbys wären dabei besonders gefragt.

BÄM, dachte ich, das ist doch für Domino und für mich wie geschaffen. Also verbrachte ich die nächsten paar Tage damit, das Handsetting-Projekt zu planen und aufzubauen, das man auf dem Foto sieht. Wie man auch sieht, war ich mit dem Ergebnis zufrieden - das Ganze war so gefallen, wie es sollte, und mit vier Kameras wunschgemäß aufgenommen worden (ein Aspekt von Dominovideos ist es, dass man bei größeren Projekten nur einen Take hat, und den habe ich nicht selten auch vermasselt).
Trotzdem wurde ich wieder ein bisschen pessimistischer, als ich die anderen Wettebewerbsbeiträge sah. Am Ende waren es zwar "nur" 125 Videos (nur, weil das für einen YouTube-Wettbewerb wenig ist; Secret Talents 2010 bekam rund 2600 Einreichungen); darunter hielt ich aber ein gutes Dutzend für mindestens so gut wie meins.
Als ich dann schließlich erfuhr, dass die Jury mich auf den zweiten Platz gewählt hatte, fiel ich dementsprechend brutal vom Hocker. Und das Tolle daran war nicht nur, dass es eine deutliche Bestätigung dafür war, dass meine Videos mittlerweile erträglich waren ;-) Nein, auch über die Preise freute ich mich sehr.
Ich erhielt ein funkelnagelneues MacBook; aber was noch besser war: Ich hatte außerdem eine Reise nach Berlin gewonnen, um dort den Bundestag zu besichtigen. Man bekommt nicht alle Tage die Gelegenheit, bei einer Parlamentsdebatte (dieser hier) dabei zu sein, mit einem Abgeordneten zu reden (in meinem Fall Patrick Meinhardt von der FDP), praktisch jeden Winkel des Reichstages zu besichtigen, inklusive der Kuppel, und das alles ohne die ellenlange Warteschlange vor dem Gebäude. Aber das Highlight war ein Treffen mit dem Bundestagspräsidenten, Dr. Norbert Lammert; nicht nur, weil er protokollarisch der zweithöchste Mann im Staat ist und nur selten eine Besuchergruppe ihn treffen kann, sondern auch, weil ich von ihm sehr viel halte (und das, obwohl ich nicht gerade ein glühender Anhänger der CDU bin).
Es waren drei tolle Tage, erst recht für jemanden, der sich so für Politik interessiert wie ich.
Domino Painting
Für dieses Projekt hätte mir auch ruhig ein besserer Titel einfallen können...
Es war ein Versuch, ob ich aus gemalten Bildern Dominofelder machen könnte. Die Bilder stammen von meinem Freund Thomas Heinz, und eigentlich war es auch eher umgekehrt gewesen: Ich fand seine Bilder so schön, dass ich mal versuchen wollte, sie mit Dominos nachzubauen.
Das hatte viele Stunden Tüftelei am Computer zur Folge, bis ich schließlich ein einigermaßen verlässliches System fand, mit dem ich die Bilder in Dominopläne umwandeln konnten. Dafür musste ich allerdings jeden Stein einzeln planen.
The City
"The City" ist nicht gerade ein Meilenstein der Filmgeschichte, aber wenn man bedenkt, dass es das Ergebnis eines ersten Versuchs eines Fünfzehnjährigen war, der nur mit Dominosteinen, einer Digitalkamera und einem Videobearbeitungsprogramm ausgestattet war, ist es annehmbar.
Städte faszinieren mich seit langem (das Thema könnte auch in zukünftigen Videos wieder auftauchen), und deshalb wollte ich versuchen, ein Portrait meiner Heimatstadt - Saarbrücken mit seinen ca. 180 000 Einwohnern - zusammenzuschustern. Hier das Ergebnis, in dem Domino im Übrigen gar keine allzu große Rolle spielt:
Manche Teile des Videos gefallen mir heute noch gut, andere gar nicht.
Das Beste ist sowieso nicht auf meinem Mist gewachsen: die Musik. Ich habe sie auf Jamendo gefunden, einer Plattform für Creative-Commons-Musik, also Werke, die von ihren Urhebern unter gewissen Bedingungen zur Weiterverbreitung und -verwendung, zum Beispiel in so einem Video, freigegeben ist. Über viele Downloads würde sich nicht nur der Künstler, sondern auch ich freuen, weil ich finde, dass der Track bisher mehr Beachtung verdient. (Der Download ist kostenlos, und natürlich legal.)