Um erst mal die Frage zu beantworten, die einem immer als erstes gestellt wird: Woher bekommt man eigentlich professionelle Dominos?

Es gibt zurzeit genau eine nennenswerte Quelle dafür: Einen Plastikverarbeitungsbetrieb aus Niedersachsen. Den Verkauf regelt Maria Lamping, Bestellungen werden per E-Mail entgegengenommen: maria-lamping@web.de. Für 1000 Steine bezahlt man ca. 50 €, was ein sehr vernünftiger Preis ist. Es gibt ein umfangreiches Sortiment an Farben. Die Qualität der Steine ist größtenteils sehr gut, auch wenn in jeder Bestellung auch immer einige unbrauchbare Steine (verbogen, unglatte Kanten) dabei sind. Die Steine werden einfach Lampings genannt.

Mittlerweile gibt es eine zweite Marke, die sehr ähnliche Domino produziert, namens Bulk Dominos. Da sie in den USA sitzt, kaufen wegen der Versandkosten die meisten amerikanischen Bauer dort und die meisten europäischen bei Lamping.

Es gibt / gab vorher, während des Domino-Day-Booms, verschiedene Marken, die kleine Weichplastiksteine verkauften, welche eine ungleich schlechtere Qualität hatten. Mit diesen Steine habe ich als Kind angefangen, weil es einfach nichts anderes gab. Domino Express ist hier zu nennen, die Marke gibt es schon seit den 80er-Jahren.

 

Ganz grundlegendes Hilfsmittel beim Bauen sind die sogenannten Kämme, wie hier im Bild zu sehen. Durch einen unheimlich praktischen Zufall sind handelsübliche Legosteine genau so breit (8 mm), dass handelsübliche Dominosteine genau in die Lücken passen, wenn man aus den Legos eine Reihe an Zacken zusammensetzt. So kann man in Sekundenschnelle ein paar Dutzend Steine perfekt gerade und in gleichmäßigem Abstand aufreihen.

Alles andere, angefangen bei Kurven, muss man natürlich von Hand bauen. Bei manchen großen Projekten werden die Verbindungslinien, wie im Bild zu sehen, doppelt gebaut; erstens zur Sicherheit und zweitens, weil man so mehr Steine auf weniger Platz unterbringen kann, wenn man einen Rekord brechen will...

Felder, d.h. letztendlich viele Reihen nebeneinander, die ein Bilder ergeben, sind dann mit Abstand die häufigste Form von Projekten. Die Idee ist schließlich auch naheliegend. Die meisten Felder sind leicht zu planen, Schrift z. B. problemlos per Hand; richtig komplexe Bilder haben es dagegen in sich. So gut wie immer wird dazu zwar eine Vorlage verwendet, aber auch die in einen Dominosteinplan umzuwandeln kann eine langwierige Sache werden. Es gibt zwei (kostenlose) Programme, die von Dominobauern selbst programmiert wurden, um das Ganze zu erleichtern. Hier gibt es das Programm von Tim Weißker (auf englisch; neueste deutsche Version hier).

Dabei entsteht dann schließlich ein Feldplan - hier der vom oben gezeigten Feld. Seit in den oben genannten Programmen ein entsprechendes Feature eingebaut ist, kann man dank des Feldprotokolls auf das mühsame Zählen der Steine im Plan verzichten, sondern hat eine Übersicht vor sich, welche Steine man in den Kamm stellen muss - 3 gelb, 12 beige, 5 blau, wieder 5 beige usw. - und kann dem Feld einfach beim Entstehen zuschauen. Trotzdem braucht ein so relativ komplexes Feld wie das hier erstaunlich viel Konzentration, um nicht irgendwo mal in einer Zeile zu verrutschen. Schließlich erkennt man vor allem bei komplexen Bildern einen Baufehler nicht sofort, und wenn man später feststellt, dass da etwas nicht zusammenpasst, muss man eventuell einen größeren Teil abreißen und noch mal bauen.

 

Neben Feldern am wichtigsten sind 3D-Bauwerke, wie Walls (Dominobauer haben ein Herz für Anglizismen)...

Cubes...

oder Pyramiden (die sich auch als 3D bauen lassen). Bei Walls und 2D-Pyramiden lässt sich, wenn sie groß genug sind, auch noch ein Schriftzug oder sogar Bild auf sie planen.

Reizvoll an 3D-Projekten ist auch das hohe Risiko beim Aufbau. Mauern lassen sich manchmal bei einem Unfall noch aufhalten, indem man mit einer Hand fest auf die noch stehenden Steine drückt und dann jemand anderes den Schaden repariert. Bei solchen Bauwerken wie dem hier auf dem Foto ist das aber undenkbar und wenn ein Event so ein Projekt enthalten soll, hat man somit nur eine begrenzte Anzahl von Versuchen und kann, anders als bei einem Feld, nicht wissen, wie lange man brauchen wird oder ob man überhaupt fertig wird. Sogar beim Domino Day ist es vorgekommen (1998), dass ein Projekt nicht rechtzeitig geschafft wurde.

Beim gewollten Umwerfen (dem Falldown) können einem 3D-Projekte dann wiederum umgekehrt einen Strich durch die Rechnung machen, denn mit Dominosteinen sind sie gar nicht so leicht zum Einsturz zu bringen. Man behilft sich mit größeren Gewichten oder Mausefallen, aber insbesondere letztere sind notorisch unzuverlässig.

 

Darüber hinaus gibt es einige weiter, speziellere Techniken:

Ich selbst war schon immer ein Freund von Handsetting. Damit sind alle Formen gemeint, für die man keine Schablone benutzen kann (auch 3D-Bauwerke beruhen schließlich auf einem ziemlich einfachen Schema, das man einfach nur durchziehen muss). Man baut stattdessen eine Figur auf die Weise, wie es sich gerade anbietet, also auch ohne genauen Plan. Am sinnvollsten ist es, sich zuerst die grobe Form mit Steinen zu markieren und dann die Fläche möglichst praktikabel zu füllen. Handsetting ist aus meiner Sicht diejenige Technik, bei der es am ehesten wirklich Übung braucht; Felder und Mauern kann letztendlich auch jemand, der noch nie Dominos in der Hand hatte, oft auf Anhieb bauen, da ist der Unterschied zu geübten Bauern dann lediglich das Tempo.

Farbwechsler sind eigentlich eine recht naheliegende Idee - wenn man die Vorderseite der Steine, die beim Fallen zum Vorschein kommt, anders einfärbt als die Oberseite, ändert das Projekt beim Fallen die Farbe. Nur leider ist der Aufwand hierfür sehr groß, weil man entweder die Steine mit Farbe besprühen muss - sodass man es nicht wieder entfernen kann - oder, wenn man die Farbe wieder entfernen will, auf jeden Stein einzeln ausgeschnittenes Papier kleben. Mit der Technik lassen sich aber fantastische Effekte erzielen und deshalb lohnt sich der Aufwand oft. Hier ein Beispiel für ein schönes Farbwechselfeld.

Spiralen bieten kaum die Möglichkeit, Bilder darzustellen (weil extrem kompliziert zu planen), sehen aber einfach schön aus beim Umfallen. Möglich ist auch, einen Spiralarm (oder mehrere) erst hinein und dann wieder hinaus laufen zu lassen, was einen sehr schönen Effekt ergibt.

Fallwalls bestehen quasi aus einer sehr steilen Treppe, auf der die Steine unmittelbar voreinander gestapelt werden. Von oben angestoßen, werden sie in einer Wellenbewegung heruntergeschwemmt.

Bei einem Event gibt es hier das notorische Risiko, dass - trotz Plexiglasabsperrungen, die um die Fallwall aufgestellt werden - Steine bis in umstehende Linien oder Projekte fliegen und die Kettenreaktion durcheinanderbringen.

Die SOS-Technik ist vielleicht die aufwändigste. Erfunden wurde sie von den Machern des Domino Days: Die Kanten des Bildes, das man baut, werden aus Dominosteinen ausgelegt - diese Steine werden am Boden festgeklebt. Die Flächen dazwischen werden (per Handsetting) mit Steinen ausgefüllt. Beim Fallen bleiben die festgeklebten Kanten stehen.

Speedwalls sind eine spezielle Art von 3D-Bau, der besonders schnell fällt, daher der Name. Zwei Speedwalls können in einer Überkreuzung gebaut werden - in vielen Fällen wird die eine durch die andere "hindurchfallen", ohne sie zu beschädigen, was aussieht, als würden die Steine durch eine Wand hindurchfallen.

Sonimod ist ebenfalls eine sehr schnelle Falltechnik, die auf verschiedene Weise abgewandelt werden kann. Der Name steht für "Dominos" rückwärts.

Portraits sind wohl die schwierigste Art von Feldern, wenn man nicht, wie beim Domino Day, ein professionelles Programm zur Verfügung hat. Mit dem links zu sehenden Bild von Sophie Scholl habe ich mich zum ersten Mal daran versucht. In Farbe ist das Ganze natürlich kaum lebensecht abzubilden, schon weil man sich bei der Hautfarbe mit elfenbein oder beige behelfen muss, weshalb dieses Feld in schwarzweiß geplant und gefilmt wurde.

Diese Technik mit dem schönen Namen Schildkrötenfeld sieht nicht unbedingt schlimmer zu bauen aus als sonstige 3D-Projekte, ist aber tatsächlich höllisch schwierig. Wie bei Pyramiden usw. ist hier bei einem Fehler alles vorbei und so ein Fehler passiert schnell. Der Aufwand lohnt sich aber für den tollen Effekt beim Falldown. Diese Technik wurde vom Team des Domino Days erfunden, hier das ursprüngliche Projekt damit.

Crossover nennt man die Technik, die Reihen eines Feldes versetzt zueinander zu bauen und dann aus entgegengesetzten Richtungen anzustoßen, sodass sie sich beim Fallen dann zum Bild zusammenfügen. Das Feld wird also normal geplant, aber jede zweite Reihe dann um den richtigen Abstand (3,5 Steine bei Lamping-Dominos) seitlich versetzt. Hier als Beispiel der Falldown der Weltkarte auf dem Foto.

Darüber hinaus gibt es jede Menge einzelner spezieller Aufbautechniken - hier einige ohne Kommentar zusammengestellt:

Events

Bei größeren Projekten z. B. in einer Turnhalle gibt es ein paar weitere Punkte zu beachten.

Bei wirklich großen Events geht nichts ohne einen Masterplan. Hier im Bild der Plan vom Cologne Domino Toppling 2012.

Auf dem Masterplan werden insbesondere die Linien, die die Projekte verbinden, so eingeplant, dass die Projekte sich zeitlich möglichst passend aneinander anschließen, sodass nicht zwei Bilder gleichzeitig fallen. Wie auf dem Bild zu sehen, geht es oft auch einfach darum, das einem in einer knapp bemessenen Halle nicht der Platz ausgeht, und darum, in welcher Reihenfolge man die Projekte am besten baut.

Außerdem sollte man selbstverständlich nicht alle Projekte von Anfang an verbinden, sondern Lücken lassen, damit bei einem Unfall nicht gleich zigtausende Steine fallen können. Diese Lücken (oder Sperren) werden in der Regel erst unmittelbar vor dem Falldown entfernt, wie auf dem Foto hier zu sehen.

Eine Besonderheit von Events sind die Builder's Challenges, gerne als BC abgekürzt. Diese Idee wurde beim Domino Day 2004 eingeführt und ist auch bei "Amateur"-Events üblich. Während des Falldowns muss eine Lücke im Projekt geschlossen werden; wenn der oder die Bauer dabei erfolgreich sind, fällt ein bestimmtes Projekt, z. B. das letzte Feld, wenn sie scheitern, bleibt es stehen, weil die Verbindung nicht hergestellt ist. Die Aufgabe besteht selten nur darin, einfach eine gerade Linie zu bauen, man kann seiner Kreativität freien Lauf lassen. Im Bild zum Beispiel (CDT 2011) sind die Hände der beiden Aufbauer aneinander gebunden, sodass sie quasi gemeinsam bauen müssen. An einem bestimmten Punkt der Kettenreaktion wird ein Signal ausgelöst, bei dem die Aufbauer starten dürfen, und dann haben sie eben noch so lange Zeit, bis die Steine bei ihnen ankommen. Da man natürlich weiß, wie viele Steine pro Sekunde fallen (ca. 60), kann man dies vorher bestimmen. Beim Domino Day wurden die Challenges offenbar sehr genau so getimt, dass man die Chance auf 50% schätzte und damit größtmögliche Spannung hatte, jedenfalls wurde genau die Hälfte von 22 geschafft. Bei anderen Events ist die Zeitvorgabe meistens nicht so brutal, aber auch hier wird es oft sehr spannend und es gab auch schon gescheiterte Challenges (die auf dem Foto zum Beispiel).

Nicht zu vergessen: Bei 3D-Projekten besteht immer das Risiko, dass die Steine - nicht nur bei einem Unfall, sondern auch beim geplanten Falldown - weiter fliegen und rutschen als vorhergesehen und dann an anderen Stellen die Kettenreaktion durcheinanderbringen. Dagegen kann man sich mit Plexiglas behelfen, siehe Foto, und damit, dass man ein 3D-Projekt in einem Abschnitt des Events als Letztes fallen lässt.